VBL unterliegt vor dem Bundesverfassungsgericht, Neuberechung kann verlangt werden

Eine erhebliche Zahl von bei der VBL Versicherten kann ihre Versorgungsbezüge neu berechnen lassen.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 28. April 2011 (Aktenzeichen 1 BvR 1409/10) entschieden, dass die Nichtanrechnung von Mutterschutzzeiten als Umlagemonate für die Zusatzversorgung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstößt. 

Damit gilt auch für Mutterschutzzeiten, die zeitlich vor dem 17. Mai 1990 liegen, was für nachherige Mutterschutzzeiten schon seit 2005 galt: 

Mutterschutzzeiten sind ausnahmslos als Umlagezeiten zu berücksichtigen !

Versicherte mit Mutterschutzzeiten vor dem 17. Mai 1990  können und sollten von der VBL nunmehr umgehend eine  Neuberechnung ihrer Zusatzversorgung  unter Berücksichtigung der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts verlangen. Hierzu sehen wir die VBL verpflichtet.

Eine solche  Neuberechnung, die die Mutterschutzzeiten berücksichtigt, kann für viele Versicherte mit Mutterschutzzeiten eine Erhöhung der Versorgungsbezüge bewirken.

Weiterhin kann sich in Fällen, in denen die Mindestzahl von 60 Umlagemonaten nicht erreicht worden war, ergeben, dass bei Hinzurechnung von  Mutterschutzzeiten vor dem 17. Mai 1990 doch ein Anspruch auf Versorgungsrente besteht.

Versicherte, die allein wegen Nichterreichen der 60-Monats-Grenze keine Bezüge von der VBL erhalten, sollten prüfen, ob die Grenze nach Hinzurechnung der bislang nicht berücksichtigten Mutterschutzzeiten überschritten wurde. Falls ja, sollte unbedingt nochmals Versorgungsrente beantragt werden.

Hintergrund:

Nach der Regelung des § 29 Abs. 7 Satz 1 VBLS alte Fassung galten Zuschüsse des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld während der Zeiten eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG (Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter) nicht als zusatzversorgungspflichtiges Entgelt. Diese Zuschüsse seien  als Lohnersatzleistungen gemäß § 3 Nr. 1 Buchstabe d EStG steuerfrei gestellt und würden damit keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen

Dementsprechend wurden im Rahmen der Zusatzversorgung nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Regelung während der Mutterschutzzeiten keine Umlagen durch den jeweiligen Arbeitgeber erbracht.

Mit Urteil vom 13. Januar 2005 (Rs. C-356/03, Mayer) stellte der Gerichtshof der Europäischen Union die Rechtswidrigkeit dieser Regelung fest.

Der Bundesgerichtshof folgte in seinem Urteil vom 1. Juni 2005 (IV ZR 100/02, NJW-RR 2005, S. 1161) der bindenden Vorlageentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, schränkte dessen Wirkung jedoch auf Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 ein.

Das Bundesverfassungsgericht stellt nunmehr klar, dass sich die Entscheidung  des Gerichtshofs der Europäischen Union auch auf Mutterschutzzeiten vor dem  17. Mai 1990 erstreckt.

Mutterschutzzeiten vor dem  17. Mai 1990 müssen in gleicher Weise als Umlagezeiten berücksichtigt werden.

Damit unterliegt die VBL in kurzer Zeit erneut vor dem Bundesverfassungsgericht.

Bereits im Juli 2009 hat das BVerfG (1 BvR 1164/07) einen Gleichheitsverstoß in der Satzung der VBL festgestellt. In der vorbezeichneten Entscheidung war die Ungleichbehandlung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe als Gleichheitswidrig erkannt worden. Nach der Satzung der VBL gab es für eingetragene Lebenspartner keine Hinterbliebenenrente. In der gesetzlichen Rentenversicherung bestand bereits ein solcher Anspruch.

Mit freundlichen Grüßen 

Rechtsanwälte Valentin Heckert, Harriet Schäfer-Heckert,
Wolfgang Klohe, Evelyn Wettstein, Joachim Städter
 
durch: Rechtsanwalt Valentin Heckert 
 
Kanzlei Rechtsanwälte Heckert & Kollegen
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