Wir haben im
Blogbeitrag vom 06.07.2011 über die problematische weitere Vereinbarung der Tarifparteien zur Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst berichtet. Die Tarifparteien haben – wie mitgeteilt – für rentenferne Versicherte (Versicherte, die nach dem 01.01.1947 geboren wurden) im Wege eines 5. Änderungsvertrages zu Altersvorsorgetarifvertrag eine Neuregelung getroffen.
Wir haben bereits ausgeführt, dass unseres Erachtens diese Neuregelung sowohl den verfassungswidrigen Eingriff in die geschützten Eigentumsrechte der Versicherten, wie auch den verfassungswidrigen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot fortsetzen. Zudem erfolgt keine kritische Überprüfung des sogenannten Näherungsverfahrens.
Zwischenzeitlich ist die Erklärungsfrist für die Tarifparteien zum 31.07.2011 abgelaufen, ohne dass von diesen Einwendungen gegenüber der Neuregelung erhoben wurden.
Seitens der Zusatzversorgungskassen wird nunmehr inhaltlich weitgehend übereinstimmend mitgeteilt, man werde nunmehr für die Versicherten und Rentenberechtigten überprüfen, ob sich nach der Neuregelung eine Änderung der Startgutschrift ergebe. Ein gesonderter Antrag auf Überprüfung müsse nicht gestellt werden. Die Umsetzung des Tarifergebnisses benötige eine „gewisse Vorlaufzeit“. Das Ergebnis der Überprüfung der Startgutschrift würde im Versicherungsnachweis für das Jahr 2011 erfolgen.
Wir sind der Auffassung, dass diese von den Zusatzversorgungskassen angekündigte Behandlung die rechtlichen Vorgaben der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 14.11.2007 zur Herstellung einer verfassungskonformen Neuregelung nicht erfüllt.
1.
Die den rentenfernen Versicherten seinerzeit erteilten Startgutschriften ergingen als Rentenbescheide. Wir sind der Auffassung, dass eine Korrektur dieser rechtsfehlerhaften Rentenbescheide in gleicher Weise durch einen neuen Rentenbescheid zu erfolgen hat und nicht lediglich Gegenstand eines Versicherungsnachweises für das Jahr 2011 sein kann.
Dies umso mehr, als bloße Versicherungsnachweise von der Rechtssprechung weitgehend als nicht gesondert rechtsmittelfähig erklärt wurden.
2.
Zudem sind wir der Auffassung, dass die Zusatzversorgungskassen zu einer zeitnahen Umsetzung der Neuregelung verpflichtet sind.
Sämtliche Versicherungsdaten der Versicherten sind in den hochleistungsfähigen EDV-Systemen der Zusatzversorgungskassen bereits erfasst.
Zudem erfolgt nach der Systemumstellung und der Erfassung der Renten/ Rentenanwartschaften ohnedies bereits in versicherungsmathematischen Punkten, was eine Neuberechnung erheblich erleichtert.
Zu erinnern ist, dass die Systemumstellung mit Wirkung zum 01.01.2002 erfolgte.
Die den rentenfernern Versicherten erteilte Startgutschriften waren von Anfang an rechtswidrig.
Bis zum höchstrichterlichen Urteil des Bundesgerichtshofs dauerte es allerdings bereits bis 14.11.2007. Die Tarifparteien ließen sich sodann bis zum 30.05.2011 Zeit, der Aufforderung des Bundesgerichtshofes zur Herbeiführung einer verfassungskonformen Neuregelung nachzukommen.
Dem ersichtlichen Bestreben der Zusatzversorgungskassen, die Dinge erneut auf die lange Bank zu schieben, die Versicherten zu entmutigen, für ihr Recht zu kämpfen und zur Tagesordnung überzugehen, sollte unverändert entgegengetreten werden.
Wir haben in mehreren Fällen unter Fristsetzung bis Mitte September 2011 die Zusatzversorgungskassen aufgefordert, die Einigung der Tarifparteien vom 30.05.2011 umzusetzen und ihren Versicherten eine nachvollziehbare Neuberechnung ihrer Rente zuzuleiten.
Sollten die Zusatzversorgungskassen der Aufforderung nicht nachkommen, beabsichtigen wir gerichtliche Pilotverfahren auf Erstellung einer Neuberechnung einzuleiten.
Die rechtliche – insbesondere verfassungsrechtliche – Überprüfung der neuen Bescheide bleibt hiervon unberührt.
3.
Eine besondere Situation ergibt sich für die – nunmehr bereits zahlreichen – rentenfern Versicherte, die zwischenzeitlich Betriebsrenten erhalten.
Diesen Versicherten steht unseres Erachtens in jedem Falle eine zeitnahe Neuberechnung ihrer Betriebsrente in Umsetzung des Tarifergebnisses zu .
Auch insoweit haben wir die Zusatzversorgungskassen abgemahnt und bereiten wir etwa erforderlich werdende Pilotverfahren vor.
Auch insoweit bleibt eine verfassungsrechtliche Überprüfung der neuen Bescheide selbst vorbehalten.
Wir werden Sie über die Gesamtentwicklung weiterhin unterrichtet halten.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwälte Valentin Heckert, Harriet Schäfer-Heckert,
Wolfgang Klohe, Evelyn Wettstein, Joachim Städter
durch: Rechtsanwalt Valentin Heckert
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